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Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hat die Kommunalverfassungsbeschwerde von acht niedersächsischen Landkreisen gegen eine haushaltsrechtliche Sonderregelung zur Bewältigung der Folgen des Krieges in der Ukraine nicht stattgegeben. Ebenso sah das Gericht keine Einschränkung durch die kurzfristige Beteiligung. Zwei Urteile, die mit Interesse auch in NRW beobachtet wurden.

Die Landkreise hatten eine Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts durch die neue Regelung des § 182 Abs. 5 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) geltend gemacht. Die Norm erlaubt Kommunen u.a., zur Bewältigung der Folgen des Ukrainekrieges unter erleichterten Voraussetzungen Kredite aufzunehmen und sich über den Wert ihres Vermögens hinaus zu verschulden sowie auf die grundsätzlich vorgesehene Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes zu verzichten. Zudem wurde die formelle Verfassungswidrigkeit der Norm gerügt, da der Niedersächsische Landkreistag als ihr kommunaler Spitzenverband in dem der Norm zugrundeliegenden Gesetzgebungsverfahren nicht ordnungsgemäß, weil zu kurzfristig, nach Art. 57 Abs. 6 der Niedersächsischen Verfassung (NV) beteiligt worden sei.

Der Staatsgerichtshof hat die Kommunalverfassungsbeschwerde zurückgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts müssen das kommunale Haushaltsrecht und die allgemeinen Haushaltsgrundsätze notwendigerweise durch gesetzliche Regelungen ausgestaltet werden. Ein Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltungsrecht durch haushaltsrechtliche Regelungen liegt dabei nur vor, wenn die kommunale Haushalts- und Finanzhoheit beschränkt wird. Durch die befristet bis zum 30. Juni 2024 mit § 182 Abs. 5 NKomVG geschaffenen haushaltsrechtlichen Erleichterungen wird der haushaltsrechtliche Gestaltungsspielraum der Kommunen gegenüber den strengeren allgemeinen Regeln allerdings lediglich erweitert. Eine Pflicht zur Verschuldung wird damit nicht bewirkt. Konkrete nachteilige Auswirkungen auf ihre eigenen Haushalte oder konkrete finanzielle Einschränkungen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben hatten die Landkreise in ihrer Begründung nicht geltend gemacht.

Zur gewährten Stellungnahmefrist von drei Werktagen und einem Wochenende im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens kam das Gericht zu folgender Auffassung: Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände im Gesetzgebungsverfahren gemäß Art. 57 Abs. 6 NV – etwa, weil ein Gesetz ohne nachvollziehbaren Grund als eilbedürftig behandelt wird - kann zwar zur formellen Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes führen. Dies kann jedoch von den Landkreisen mit der Kommunalverfassungsbeschwerde nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit einem – hier nicht dargelegten – Eingriff in ihr kommunales Selbstverwaltungsrecht geltend gemacht werden.

Der Niedersächsische Landkreistag selbst ist in einem verfassungsrechtlichen Organstreitverfahren vor dem Staatsgerichtshof nicht parteifähig und daher nicht berechtigt, einen Verstoß gegen die Anhörungspflicht nach Art. 57 Abs. 6 NV in einem solchen Verfahren geltend zu machen. Parteifähig in einem Organstreitverfahren sind nach Art. 54 Nr. 1 NV neben obersten Landesorganen nur andere Beteiligte, die durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Artikel 57 Abs. 6 NV begründet kein solches subjektives Recht des Landkreistages auf Anhörung im Gesetzgebungsverfahren. Die Vorschrift richtet sich als objektive Norm an den Gesetzgeber und stellt für diesen lediglich formelle Anforderungen an ein rechtmäßiges Gesetzgebungsverfahren auf. Seine Existenz, seine Stellung und seine Kompetenzen werden nicht durch die Verfassung begründet. Er ist nicht an der Staatsleitung beteiligt, da ihm Art. 57 Abs. 6 NV kein inhaltliches Mitbestimmungsrecht im Gesetzgebungsverfahren gewährt.

Die Urteile:

Niedersächsischer Staatsgerichtshof, Ukraine Folgekosten Urt. v. 2.5.2024 – StGH 4/23:

Niedersächsischer Staatsgerichtshof, Anhörung kommunaler Spitzenverbände Urt. v. 2.5.2024 – StGH 1/23: