Veranstaltungsbericht der gemeinsamen Fachtagung der kommunalpolitischen Vereinigung GAR NRW sowie der Heinrich-Böll-Stiftung NRW
Bei der Tagung „Mobilität – Inspirationen für die Verkehrswende vor Ort“ am 17. September 2022 in Wuppertal wurde nicht nur ein Blick auf die Defizite der Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte geworfen, sondern gleichfalls an konkreten und aktuellen Beispielen aufgezeigt, welche Weichen in den Kommunen für eine innovative und zukunftsweisenden Verkehrspolitik gestellt werden müssen und was Kommunalpolitiker*innen hierfür tun können.
Die Kommunen stehen bei der Verkehrswende vor richtungsweisenden Herausforderungen. Sie müssen den Menschen attraktive Mobilitätsangebote machen und gleichzeitig Maßnahmen zur Luftreinhaltung, Lärmminderung und zum Klimaschutz vorantreiben. Die zukünftige Mobilität muss weniger Ressourcen verbrauchen, aber auch inklusiver und flexibler sein. In der Kommune findet zudem die intensive und kontroverse Debatte mit den Bürger*innen über den richtigen Weg und die richtigen Projekte für eine zukunftsfähige Mobilität statt. Mobilität als Dienstleistung verspricht die Möglichkeit, Städte völlig neu zu gestalten. Wie das konkret aussehen kann und welche Hindernisse und Hürden es auf dem Weg gibt und geben kann, wurde auf der gemeinsamen Fachtagung der GAR NRW sowie Heinrich-Böll-Stiftung NRW erörtert, analysiert und diskutiert.
Martina Koester-Flashar (GAR NRW) sowie Iris Witt (HBS NRW) sprachen für die Veranstalter die Grußworte bevor Prof. Dr. Heiner Monheim eine Einführung zum Thema der Tagung „Mobilität – Inspirationen für die Verkehrswende vor Ort“ gab.
Monheim führte mit einem Gesamtüberblick über die verschiedenen klimafreundlichen Verkehrsmittel und deren Rolle in einer zur autofixierten Verkehrspolitik ein. Dabei blieb auch nicht der ein oder andere Seitenhieb gegen anwesende Politiker*innen aus.
Im Anschluss diskutierten Verkehrs- und Umweltminister Oliver Krischer, Fahrradaktivistin und Initiatorin der Volksinitiative „Aufbruch Fahrrad“ Ute Symanski, der Oberbürgermeister von Wuppertal Dr. Uwe Schneidewind, Christine Fuchs aus dem Vorstand der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundliche Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen (AGSF) sowie Prof. Dr. Heiner Monheim über das Fahrrad als Baustein zur Mobilitätswende.
Oliver Krischer sprach sich dafür aus, mehr Verantwortung an die Kommunen zu verlagern. „Lasst es doch die Kommunen entscheiden, lasst sie die Planungen machen“, so der Minister. Das sahen nicht alle Diskutant*innen so. Einig war sich das Podium jedoch beispielweise darin, dass es in den Städten ein Vorrangnetz für Fahrräder mit „qualifizierten Fahrradstraßen“ geben muss.
Auch bei dem Thema Geschwindigkeitsbegrenzung für den motorisierten Individualverkehr gab es wenig Dissens. Wie Schneidewind zusammenfasste, ist für ihn die „Herausnahme der Geschwindigkeit aus den Städten ein Schlüssel für die Mobilitätswende“
In der Mittagspause hatten die Teilnehmer*innen neben einem Imbiss
die Möglichkeit, sich in die Historie des Tagungsorts, die ehemalige
ELBA-Fabrik und ehemals Fertigungsstätte der berühmten ELBA-Ordner,
einführen und das Gebäude auf sich wirken zu lassen. Danach wurde in
drei Werkstätten intensiv an den Ansätzen für eine Verkehrswende vor Ort
gearbeitet. Dabei gab es drei Arbeitsgruppen: Mobilitätskonzepte im
ländlichen Raum, geleitet von Dr.-Ing. Melanie Herget (Wissenschaftliche Mitarbeiterin Uni Kassel) sowie Cora Ehlert (Referentin Städte- und Gemeindebund), Aktive Mobilität zu Fuß oder mit dem Fahrrad mit Julia Bingeser (Radverkehrsbeauftragte Stadt Kaiserlautern) und Dr. Jürgen Brunsing (Verkehrsplaner Dortmund) und die Werkstatt zu klimafreundlicher Mobilität mit Bus und Bahn mit Hartmut Koch (Verkehrsmanager) und Iko Tönjes (Vorstand VCD NRW).
Dort fand ein besonders intensiver Austausch statt und es wurden konkrete Handlungsempfehlungen für die Verkehrsinteressierten in den Kommunen abgeleitet. Nach einer Zusammenfassung und Präsentation der Arbeitsergebnisse durch die Moderatorin Corinna Schlechtriem konnte eines für alle Gruppen festgehalten werden: Mobilitätswende funktioniert nur, wenn ein gesellschaftliches Umdenken stattfindet. Die autofixierte Verkehrsplanung muss durch eine klima- und menschenfreundliche Verkehrspolitik gelenkt werden und das auf allen Ebenen: Bund, Land und letztlich auch kommunal und damit vor Ort.
Historischer Tagungsort und intensive Arbeit in Werkstätten
Deutlich geworden in den Austauschrunden und Expert*innengesprächen ist, dass auf allen Ebenen die notwendigen Veränderungen angegangen werden müssen. In der Kommune können von Kommunalpolitiker*innen und Bürger*innen fußgänger- und fahrradfreundliche Entscheidungen gefordert und umgesetzt werden. Von der Kommune müssen dann an das Land unterstützende Rahmenbedingungen und Finanzierungen eingefordert werden. Nach Jahrzehnten des Wissenserwerbs von guten Beispielen und Veränderungsmöglichkeiten müssen wir jetzt ins Handeln kommen. Konkrete Veränderungen müssen vor Ort umgesetzt werden und dafür müssen kommunale Politiker*innen und Verwaltungsakteur*innen sowie Bürger*innen auch mutige Entscheidungen mittragen.
Für zukünftige Veranstaltungen sollten daher konkrete Handlungsmöglichkeiten für Kommunen vorgestellt werden und konkrete Schritte, die in der Kommune dafür notwendig sind.