Wie vielfältig sind die kommunalen Gremien in Deutschland? Nicht besonders! Kommunalpolitik bleibt weitgehend Männersache: Der Frauenanteil in den kommunalen Vertretungen liegt bei 27,7 Prozent, nur 9,5 Prozent Landrätinnen gibt es in Deutschland und mehr als 90 Prozent der Rathäuser werden von einem Mann geführt.
Obwohl ihr Anteil an den Bürger*innen in Deutschland 27,2 Prozent beträgt, gibt es kaum Menschen mit Migrationsbiografie. Lediglich 3 Prozent der kommunalen Mandatsträger*innen haben eine Migrationsbiografie,
ein Prozent davon sind Frauen. In der Kommunalpolitik treffen wir vor allem ältere, akademisch gebildete, weiße Männer. Aber auch unter den Mandatsträgerinnen zeigt sich ein eher homogenes Bild, was die Alters- und
Sozialstruktur betrifft. Obwohl es keine belastbaren Zahlen gibt, ist zu erwarten, dass auch Menschen mit
Behinderung oder diversen geschlechtlichen Identitäten nicht ausreichend in der Kommunalpolitik vertreten
sind.
Mandatsträger*innen in der Familienphase, der sogenannten Rushhour des Lebens, sind in der Kommunalpolitik besonders unterrepräsentiert. Eine repräsentative Analyse aus Nordrhein-Westfalen zeigt: 2017 waren lediglich 10,9 Prozent der Mandatsträger*innen in den Städten und 8,9 Prozent der Mandatsträger*innen in den Kreisen zwischen 36 und 45 Jahre alt. Fügt man die Alterskohorte 26 bis 35 Jahre hinzu, kommt man insgesamt auf 17,7 Prozent für die Städte und 14 Prozent für die Kreise.
Der Frauenanteil unter den Mandatsträger*innen in der Alterskohorte 36 bis 45 Jahre lag 2017 in Nordrhein-Westfalen in den Städten bei 22,3 Prozent und in den Kreisen bei 28,6 Prozent. Eine aktuelle Datenerhebung für alle Bundesländer fehlt zwar, jedoch bestätigen eigene Berechnungen, die auf Erhebungeneinzelner Statistischer Landesämter basieren, diese Tendenz.
Wenn Kommunalpolitik jedoch nur von denjenigen ausgeübt wird, die es sich zeitlich und/oder finanziell leisten können, so bringt dies die kommunale Demokratie in eine Schieflage. Denn nötig ist eine angemessene Repräsentation der unterschiedlichen Lebensperspektiven derjenigen Menschen, die in einer Kommune leben. Sonst besteht die Gefahr, dass sie sich mit ihren Anliegen und Bedürfnissen nicht verstanden und vertreten fühlen – und mit dieser Annahme möglicherweise auch richtigliegen.
Die Studie „Mit Kind in die Politik“ zeigt anhand vieler Beispiele, Interviews und Porträts, welche strukturellen Veränderungen in Kommunen initiiert werden können, damit Kommunalpolitik familienfreundlicher und dadurch vielfältiger wird. Sie enthält konkrete Schritte und Handlungsempfehlungen für Politik, Verwaltung und Verbände. Die Studie wurde von der EAF Berlin verfasst und vom Bundesfrauenministerium im Rahmen des Helene Weber-Kollegs gefördert.
Anbei erhaltet ihr einmal die Studie sowie ein Antrag zur Bereitstellung von Kinderbetreuung während der Sitzungen des Stadtrates der GRÜNEN in Halle (Saale) sowie ein Informationsschreiben der Stadt Münster zur Erstattung von Kinderbetreuungskosten während der Gremiensitzungen und der mandatsbedingten Abwesenheit.