In Deutschland engagieren sich über 200.000 ehrenamtliche Mitglieder in kommunalen Räten für die lokale Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Körber-Stiftung unter 2.312 ehrenamtlichen Stadt- und Gemeinderatsmitgliedern zeigt: 70 Prozent der Ratsmitglieder bewerten die finanzielle Lage ihrer Kommune als schlecht oder sehr schlecht, in den ostdeutschen Kommunen sind es sogar 80 Prozent. Für 90 Prozent stellen die fehlenden Finanzmittel die drängendste Herausforderung der kommenden Jahre dar, gefolgt vom Erhalt der Wirtschaftskraft (80 Prozent) und der Energiewende (79 Prozent). Das bundespolitisch viel diskutierte Thema Migration spielt im Vergleich eine untergeordnete Rolle (57 Prozent), insbesondere im Osten der Republik (44 Prozent).
Die Mehrheit der Ratsmitglieder fühlt sich von Bund und Ländern nicht ausreichend unterstützt (80 Prozent) und sieht sich durch wachsende Bürokratie (86 Prozent) sowie schrumpfende Gestaltungsspielräume (61 Prozent) in ihrer Arbeit eingeschränkt. Gleichzeitig überträgt sich die wachsende Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit der Bundespolitik auf die kommunale Ebene (70 Prozent).
Besorgniserregend ist, dass mehr als ein Viertel der Ratsmitglieder demokratiefeindliche Tendenzen in der eigenen Kommune beobachtet (27 Prozent). 25 Prozent berichten zudem, dass sie selbst oder Personen in ihrem Umfeld aufgrund ihrer politischen Arbeit bereits beleidigt oder bedroht wurden.
Die Diskussionskultur und der Umgangston im Rat, die Zusammenarbeit der politischen Gruppen sowie die Ergiebigkeit und Produktivität der Ratssitzungen werden von Ratsmitgliedern in größeren Gemeinden deutlich negativer bewertet als von Ratsmitgliedern in kleineren Gemeinden. Zudem kommt es häufiger vor, dass sich einzelne Ratsmitglieder profilieren wollen, dass bundespolitische Themen und Konflikte die Arbeit beeinträchtigen und dass einzelne Gruppierungen versuchen, die Ratssitzungen lahmzulegen.
Deutliche Unterschiede in den Ergebnissen zeigen sich insgesamt weniger zwischen einzelnen Regionen oder Bundesländern, sondern vielmehr in Abhängigkeit von der Größe der Kommunen, in der die Befragten tätig sind. Dies betrifft zum einen den Arbeitsaufwand: Ratsmitglieder in Gemeinden mit mindestens 20.000 Einwohnern wenden pro Woche deutlich mehr Zeit für ihr Amt auf als Ratsmitglieder kleinerer Gemeinden. Entsprechend geben sie auch deutlich seltener an, dass sich ihr Amt gut mit Familie, Privatleben und Hauptberuf vereinbaren lässt.