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Die direkte Demokratie wird in Deutschlands Städten und Gemeinden gelebt: An jedem Sonntag stimmt die Bevölkerung statistisch gesehen in zwei bis drei Kommunen über eine lokalpolitische Frage ab. Oft geht es dabei um Wirtschaftsprojekte wie Hotels, Einkaufszentren oder Windparks, um öffentliche Einrichtungen wie Schulen,  Kindergärten, Sportstätten, Bäder und um Verkehrsprojekte wie Umgehungsstraßen, Radverkehrsinfrastruktur und Fußgängerzonen. Das geht aus dem Bürgerbegehrensbericht 2025 hervor, den der Fachverband Mehr Demokratie im Mai vorgestellt hat. 

Im Jahr 2024 wurden insgesamt 229 direktdemokratische Verfahren in deutschen Kommunen 2024 angestoßen. 81 Mal kam es zu einem Bürgerentscheid. Damit ist die Praxis seit der Corona-Pandemie leicht rückläufig. Die lebendigste Praxis verzeichnet nach wie vor Bayern mit 93 Verfahren, gefolgt von Baden-Württemberg (31) und NRW (30). 

Von 1956 bis 2024 gab es insgesamt 9.453 Verfahren auf kommunaler Ebene. Daraus folgten 4.768 Bürgerentscheide. Die 9.453 Verfahren unterteilen sich in zwei Verfahrenstypen: 7.839 Bürgerbegehren wurden durch die Bürgerinnen und Bürger „von unten“ eingeleitet, 1.614 Ratsreferenden wurden „von oben“ durch den jeweiligen Gemeinderat initiiert. Ein Ratsreferendum führt automatisch zu einem Bürgerentscheid, ein von unten angestoßenes Bürgerbegehren nur dann, wenn genügend Unterstützer-Unterschriften gesammelt werden. Gut eintausend Mal setzte eine Initiative ihre Ziele auch ohne Bürgerentscheid durch: weil die Gemeindevertretung ihre Forderungen übernahm.

Ein eigenes Kapitel des Bürgerbegehrensberichts widmet sich Bürgerentscheiden zu Flüchtlingsunterkünften in den Jahren 2015 bis 2024. Eine überraschende Erkenntnis: Im Westen haben fast 70 Prozent aller Bürgerentscheide zu Flüchtlingsunterkünften in den Gemeinden ein flüchtlingsfreundliches Ergebnis. In den  Jahren 2023/24 war es sogar in über 83 Prozent der Fälle so.

Insgesamt 27 einschlägige Bürgerentscheide gab es in den Jahren 2015 bis 2024. Zwölfmal stimmte eine Mehrheit für einen geplanten, zweimal für einen besseren Standort. Zweimal scheiterte der Versuch, einen Standort zu verhindern, an zu geringer Beteiligung. Mit der rechtlich verbindlichen Ablehnung eines Standorts, endeten zehn Bürgerentscheide; darunter alle vier in Ostdeutschland. Ein Bürgerentscheid behandelte die Frage, ob die Gemeinde mobile oder feste Unterkünfte einrichten sollte. Er wurde als neutral bewertet.

Eine von extrem-rechter Seite angekündigte Kampagne, mit einer Welle von Bürgerentscheiden im Osten einen „Asylanten-Stopp“ zu erzwingen, war nicht erfolgreich. Nur in zwei Fällen führten entsprechende Initiativen überhaupt zu einem Bürgerentscheid.

Die meisten Versuche, mit Hilfe der direkten Demokratie eine Unterkunft zu stoppen, scheitern zudem bereits in frühen Phasen des Verfahrens. Sei es, weil nicht genügend Unterstützer-Unterschriften geleistet werden oder die Fragestellung unzulässig ist.

Seit 2007 erhebt Mehr Demokratie Daten zum direktdemokratischen Geschehen in den Gemeinden Deutschlands, zusammen mit seinen Partnern, dem Institut für Partizipations- und Demokratieforschung der Bergischen Universität Wuppertal (IDPF) und der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie an der Philipps-Universität Marburg, legt der Verein nun seinen achten Bürgerbegehrensbericht vor.

Weitere Infos auf der Homepage von Mehr Demokratie e.V.

PDF Bürgerbegehrensbericht 2025

Datenauswertung für alle Bundesländer