Die Kommunalverfassungen der Bundesländer unterscheiden sich bekanntenmaßen. In Bayern kann der Gemeinde- beziehungsweise Stadtrat kraft seiner Geschäftsordnungsautonomie (Art. 45 Abs. 1 BayGO) die Mindeststärke für den Fraktionsstatus selbst definieren. In Nordrhein-Westfalen wird dies durch den Landesgesetzgeber im §56 der Gemeindeordnung NRW vorgegeben. Dennoch verweist die bayrische Rechtsprechung auf Aspekte hin, die bei der Festlegung einer Fraktionsmindestgröße von allgemeiner Bedeutung sind.
Nach der letzten Kommunalwahl im März 2020 beschloss der Nürnberger Stadtrat, der sich aus zwölf politischen Gruppierungen zusammensetzt, für seine Geschäftsordnung u.a. eine Regelung, nach welcher Zusammenschlüsse von Stadtratsmitgliedern Fraktionsstatus besitzen, wenn sie mit mindestens einem Mitglied in einem Ausschuss vertreten sind. Die damals vierköpfige Gruppe der AfD-Stadtratsmitglieder hatte einen Ausschusssitz inne und so zugleich den Status einer Fraktion.
Im September 2024 verließ ein Stadtrat die AfD-Fraktion. Dies hätte nach dem bisher zur Ausschussbesetzung angewandten Sitzverteilungsverfahren zur Folge gehabt, dass der AfD kein Ausschusssitz und daher auch kein Fraktionsstatus mehr zugestanden hätte. Die verbliebenen AfD-Stadtratsmitglieder wandten sich daher an des Verwaltungsgericht Ansbach. Dieses verpflichtete den Stadtrat per einstweiliger Anordnung über eine Neubesetzung der Ausschüsse zu entscheiden. Im November 2024 beschloss der Stadtrat eine Änderung seiner Geschäftsordnung und legte fest, dass Fraktionen mindestens vier Mitglieder umfassen müssen. Einen gegen die neu geregelte Mindestfraktionsstärke gerichteten Eilantrag der AfD lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach im Dezember 2024 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde lehnte der BayVGH ab. Dem BayVGH zufolge sei die von der Ratsmehrheit beschlossene Mindestfraktionsstärke rechtlich unter keinem Gesichtspunkt zu beanstanden.
Kommunalen Mandatsträgern steht unabhängig von einer Bestätigung in der Geschäftsordnung das Recht zu, sich zur wirksameren Ausübung ihres Mandats zu Gruppen von beliebiger Größe zusammenschließen. In Bayern kann der Gemeinde- bzw. Stadtrat bestimmen, dass solche Zusammenschlüsse nur dann den formellen Status einer „Fraktion“ erhalten, wenn sie eine bestimmte Mindeststärke aufweisen. Bei dieser Entscheidung verfügt die jeweilige Ratsmehrheit über einen weiten Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum; sie muss allerdings die verfassungsrechtlich gewährleistete Mandatsgleichheit sowie das rechtsstaatliche Willkürverbot und den Minderheitenschutz beachten. Die Grenzziehung zwischen den als „fraktionsfähig“ angesehenen größeren Gruppen und den nächstkleineren Gruppen darf demnach weder die vom Fraktionsstatus ausgeschlossenen Gruppen in ihren Mitwirkungsmöglichkeiten erheblich einschränken noch auf sachfremden Erwägungen beruhen.
Die Größenverhältnisse im Stadtrat ließen die erforderliche Mindeststärke als naheliegend erscheinen. Bei insgesamt 70 Stadtratsmitgliedern reiche für eine Fraktionsanerkennung bereits ein Anteil von weniger als 6 Prozent (4 von 70); die bisherige Rechtsprechung habe selbst Fraktionsmindeststärken von bis zu 10 Prozent der Mitglieder als zulässig erachtet. Auch der besonders markante Größenunterschied zwischen der (derzeit) kleinsten Fraktion mit 14 Mitgliedern (20 Prozent der Gesamtzahl) und den nächstkleineren Gruppen mit jeweils drei Mitgliedern (4,28 Prozent, u.a. AfD) rechtfertige diese Differenzierung. Die AfD werde gegenüber den Stadtratsfraktionen auch nicht unangemessen benachteiligt, weil ihr auch als Gruppe weiterhin ausreichende Mitwirkungsrechte zustünden.