
Aktuelle Änderungen im Kommunalrecht
Auswirkung auf Gemeinde- und Kreisordnung.
Im Juli 2025 hat der Landtag das „Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher und weiterer Vorschriften im Land Nordrhein-Westfalen“ beschlossen. Der Schutz kommunaler Gremien vor antidemokratischen Kräften, mehr Familienfreundlichkeit und ein modernes Vergaberecht standen dabei im Mittelpunkt. Im Folgenden haben wir die relevanten Änderungen im Kommunalrecht und die Auswirkung auf Gemeinde- und Kreisordnung für euch zusammengefasst:
Ordnungsmaßnahmen in den Sitzungen
Viele Regelungen der Ordnung in Sitzungen sind zukünftig gesetzlich festgelegt. Die Sanktionspalette reicht vom möglichen Ordnungsruf, einem Wortentzug bis zum Sitzungsausschluss sowie der Verhängung eines wirksamen Ordnungsgeldes von bis zu 1.000 Euro. Die Regeln wurden in der Gemeindeordnung (§51 GO), Kreisordnung (§36 KrO), Landschaftsverbandsordnung (§9 LVerbO) sowie im Gesetz über den Regionalverband Ruhr (§11 RVRG) verankert. Zudem wurde ein Quorum für die Durchführung geheimer Wahlen von mindestens 1/5 der Ratsmitglieder festgelegt. (§50 GO, §35 KrO, §10 LVerbO)
Bildung von Fachausschüssen
Für die Bildung der Fachausschüsse bei der Konstituierung des Rates und eine mögliche Umbesetzung während der Ratsperiode wurden die Regelungen vereinfacht. Auf gemeinsamen Vorschlag aller Fraktionen und Gruppen können Ausschüsse zukünftig mit einem Mehrheitsbeschluss des Rates bzw. Kreistags besetzt werden. (§50 GO, §35 KrO, §10 LverbO). Scheidet jemand vorzeitig aus einem Ausschuss aus oder beantragt eine Fraktion oder Gruppe eine Umbesetzung, bestimmt die Fraktion oder die Gruppe, der sie oder er angehört, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger. Die bislang benötigte Einstimmigkeit der Ratsmitglieder ist zukünftig nicht mehr notwendig (§50 GO, §35 KrO, §10 LverbO).
Abwahl von Ausschussvorsitzenden wird ermöglicht
Eine wichtige Neuerung ist die Möglichkeit, Ausschussvorsitzende mit einer 2/3-Mehrheit des Rates/Kreistages abzulehnen bzw. abzuwählen (§ 58 GO, § 41 KrO)
Vertretung des Ausschussvorsitz
Ebenso ist mit einer ad-hoc-Regelung zukünftig sichergestellt, dass Ausschüsse auch bei zeitgleicher Verhinderung von Vorsitzenden und deren Stellvertretungen eingeladen werden und tagen können. Sind die oder der Ausschussvorsitzende und alle Stellvertretungen verhindert, kann die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister zu den Ausschusssitzungen laden. Die Sitzungsleitung übernimmt das anwesende Ratsmitglied im Ausschuss, welches dem Rat/Kreistag am längsten ununterbrochen angehört. Sofern dies auf mehrere Mitglieder zutrifft, entscheidet das Lebensalter (§ 58 GO, § 41 KrO)).
Kreisbeigeordnete können mit 2/3-Mehrheit eingeführt werden
Kreistage können zukünftig selbst darüber bestimmen, ob und wie viele Beigeordnete sie in den Verwaltungsvorstand des Kreises wählen (§ 47 KrO). Dazu ist eine qualifizierte Mehrheit von 2/3 der Kreistagsmitglieder nötig. Sie stellt sicher, dass ein entsprechender Beschluss im Kreistag breit getragen ist.
Stärkung der Jugendbeteiligung
Im Gesetz verankert ist die Absenkung des Mindestalters für Sachkundige Bürger*innen auf 16 Jahre (§58 GO, §41 KrO). Um Kinder und Jugendliche in ganz NRW besser einzubeziehen, wurden außerdem die Vorgaben für die Bildung von Jugendräten vereinheitlicht (§27a GO). Wo noch nicht vorhanden, sollen Kinder und Jugendliche nun per Initiativrecht beantragen können, dass ihre Kommune einen Jugendrat bekommt.
Stärkung der politischen Teilhabe für Menschen mit Einwanderungsgeschichte
Einführung eines Ausschusses für Integration und Chancengerechtigkeit mit verpflichtender Beteiligung im Beratungsverlauf des Rates (§27 GO).
Mehr Familienfreundlichkeit im kommunalen Ehrenamt
Das neue Gesetz sieht die Möglichkeit vor, die Sitzungsdauer über die Geschäftsordnung zu begrenzen (§47 GO, §32 KrO). Betreuungsbedürftigen Kindern dürfen gemeinsam mit ihren Eltern bei Sitzungen anwesend sein, solange die ordnungsgemäße Durchführung der Sitzung sowie die Vertraulichkeit von nichtöffentlichen Beratungsgegenständen gewährleistet bleiben (§ 48 Absatz 6 GO NRW, §33 KrO).
Gesetzliche Einführung der Doppelspitze
Der Fraktionsvorsitz kann im Wege einer Doppelspitze wahrgenommen werden (§ 56 GO NRW, §31 KrO).
Anhebung von Fraktionsuntergrenzen
Die Untergrenze für die Fraktionsbildung soll allein von der Größe des Rates (und damit indirekt von der Größe der Kommune) abhängen und nicht mehr zwischen kreisfrei und kreisangehörig unterscheiden. In allen Räten und Kreistagen über 50 Mitglieder soll die Untergrenze zukünftig drei Mitglieder, über 74 Sitzen vier und über 90 Sitzen fünf Mitglieder betragen (§ 56 GO, §40 KrO). Die Untergrenze von fünf Mitgliedern soll darüber hinaus auch in den Landschaftsversammlungen (§16a LVerbO) und der Regionalversammlung des RVR (§11 RVRG) gelten.
Landschaftsversammlungen
Neue Obergrenzen für die über die Reservelisten vergebenen Mandat sollen ein weiteres Anwachsen der Landschaftsversammlungen von LWL und LVR begrenzen (§7b LVerbO).
Kommunales Vergaberecht
Die Kommunen sind mit der Gesetzesänderung erst ab Erreichen der europäischen Schwellenwerte verpflichtet, förmlich auszuschreiben. Unterhalb der Schwellenwerte sind sie nur an die Grundsätze von Transparenz und Gleichbehandlung gebunden und sollen wirtschaftlich, effizient und sparsam arbeiten (§75a GO). Dies soll zu einer Vereinfachung und Entbürokratisierung des Vergaberechts beitragen.
Vereinfachung Interkommunaler Zusammenarbeit
Die interkommunale Zusammenarbeit beschränkt sich zukünftig nicht mehr auf benachbarte Gebietskörperschaften, sondern steht auch Gemeinden offen, die nicht in direkter Nachbarschaft zueinander liegen. Damit soll eine Restriktion wegfallen, die in der Vergangenheit viele denkbare Kooperationen zwischen nicht benachbarten Kommunen verhindert hat (§4 GO).